Vom Wort und zum Mensch
Mit dem ersten Adventsonntag hat das neue Kirchenjahr begonnen. Es fängt schon wieder alles neu an. In den Geschäften ist Lebkuchen zu kaufen, Strassen und Häuser werden geschmückt und beleuchtet, auf dem Tisch steht wieder ein Adventskranz. All das schafft eine einzigartige Atmosphäre der Erwartung auf die Menschwerdung des Herrn, die in unserer Kultur von einer gewissen Romantik geprägt ist. Aber die Adventszeit bedeutet viel mehr als das Romantische und viel mehr als all diese schönen Traditionen des Abendlandes. Diese besondere Zeit am Anfang des Kirchenjahres will uns vor allem zum Nachdenken einladen, zum Nachdenken über den Anfang und Ursprung unserer Heilsgeschichte und unserer Erlösung. An zwei Stellen spricht die Bibel ausdrücklich vom Anfang der Weltgeschichte. Das Buch Genesis beginnt mit den Worten: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; (…) Und Gott sprach: Es werde Licht.“ (Gen 1,1-3a). Gott spricht! Ist das nicht erstaunlich? Gott spricht und auf sein schöpferisches Wort entsteht die Welt. Diese Welt, in der wir leben, ist von Gott gewollt und geliebt. Das ist die christliche Globalisierung. Die ganze Welt hat ihren Ursprung in Gott, sie ist von Gott getragen und wird in Gott ihre Vollendung finden. Was ist das aber für ein Wort, durch das Gott die Welt ins Sein gerufen hat? Hier hilft uns der ein wenig rätselhafte Prolog des Johannesevangeliums: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ (Joh 1,1). Wenige Sätze weiter heißt es dort: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Joh 1,14a). Jenes Schöpferwort des Vaters ist Jesus Christus. Er ist das Wort, das von Anfang an bei Gott war, er ist das Wort, das in der Krippe von Bethlehem Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat. Das ist die Grösse des Weihnachtsfestes, das wir jedes Jahr begehen. Der Schöpfer des Himmels und der Erde kommt uns Menschen hautnah, ja er steckt in unserer Haut! (Bischof Franz Kamphaus) Manchmal sagen wir: „In deiner Haut will ich jetzt nicht stecken.“ An Weihnachten sagt Gott genau das Gegenteil. Er will in unserer Haut stecken, er will unsere Freude und Leid teilen. Wenn man dieses Geheimnis mit gläubigem Herzen betrachtet, kann man davor nur in die Knie gehen.
Advent ist jedoch nicht nur eine Zeit zum Nachdenken über das, was schon geschehen ist. Es ist nicht damit alles getan, dass Gott einmal gesprochen hat und auf die Welt kam. Gott spricht auch heute, und zwar, wie es Bischof Franz Kamphaus eben sagte: nicht über unsere Köpfe hinweg, sondern in unser Leben hinein. Gottes Wort hat an seiner Kraft nichts verloren, es ist immer noch das Wort, das etwas aus dem Nichts ins Dasein beruft, es ist das Wort, das die Welt und uns verwandeln kann, es ist letztlich das Wort, das die Welt trägt und zur Vollendung führt. Die Adventszeit lädt uns besonders in ihren ersten Wochen dazu ein, über die Vollendung nachzudenken und uns auf die Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeiten vorzubereiten.
Das Wort ist in der Krippe zu Bethlehem Fleisch geworden. Es will aber auch in uns Fleisch werden. Öffnen wir im Advent unsere Herzen auf das gross Geschenk der Liebe Gottes - auf Jesus Christus in uns!
Pfarrer Wojciech Kaszczyc
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