Jeder Mensch ist angewiesen auf Hilfe

Eine Mutter möchte ihrem Kind die Wurst schneiden – das Kind hat eine andere Meinung und sagt: „Ich kann das schon allein!“

„Allein“ ist das Lieblingswort vieler kleiner Kinder. Alleine wollen sie die Treppe rauf, alleine den Löffel nehmen, auch wenn er noch nicht immer richtig in den Mund trifft, alleine wollen sie sich auf den Weg machen zum Freund im Nachbarhaus. Als Mutter oder Vater muss man manchmal ganz schön an sich halten, um sie probieren zu lassen, ob sie es wirklich schon können. Alleine, wie die Grossen! Sie fühlen sich nicht mehr so ganz klein.

Und wenn sie ein bisschen älter werden, dann meinen sie schnell, nun können sie alles alleine und brauchen niemanden mehr. Niemanden zu brauchen – was ist das für ein merkwürdiges Ideal. Anscheinend lernen sie das von uns Erwachsenen.

Die Erwachsenen können anscheinend alles. Und wer niemanden braucht, gilt als stark und lebenstüchtig. Auf Hilfe angewiesen zu sein scheint eine Schwäche. Im Grunde machen wir uns alle miteinander das Leben schwer, wenn wir so denken.

Denn als Gott Mensch geworden ist, da war er zuerst auch ein Kind. Jesus, geboren in Bethlehem, ein Kind, das vor Verfolgung gerettet werden musste. Und als erwachsener Mann, als er wieder in Gefahr gerät, bittet er seine Gefährten um Hilfe: Könnt ihr nicht mit mir wachen und die Angst mit mir aushalten? Später muss ihm einer sein Kreuz tragen. Und am Ende bittet er um Wasser: Ich habe Durst. „Seht, den Menschen!“ sagt Pilatus über ihn. So ist der Mensch: angewiesen auf Hilfe.

Ich glaube, es wäre gut, wenn wir nicht versuchen würden, das zu verdrängen. Es ist ganz normal menschlich, so zu sein: angewiesen auf die Hilfe anderer.

Und wie kann man das lernen? Vielleicht müssten wir den Kindern, die so stolz „alleine!“ sagen, zeigen, dass wir Erwachsenen auch nicht alles können, sondern auf Hilfe angewiesen sind. Dass manchmal sogar die Kinder uns Erwachsenen helfen können. Und dass das ganz normal und menschlich ist. Vielleicht können sie ja dann darauf stolz sein, unsere Kleinen.

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