Fragebogen

Matthias Schulz, 48, Intendant des Zürcher Opernhauses

Welche Rolle spielt Oper im reichen Zürich?

Sie bietet etwas Authentisches, das man ohne Bildschirme erlebt, das alle Sinne anfasst, das zum Nachdenken anregt, aber keine einfachen Antworten gibt. Sie hilft, die Ambivalenzen des Lebens besser auszuhalten. Sie ist wie ein Schutzraum, in dem man für einige Stunden auf eine völlig andersartige Reise gehen kann. 

Drei Gefühle, mit denen Sie nach Zürich gekommen sind?

Neugier. Motivation, diesen Ort zu erkunden. Lust, das scheinbar Perfekte herauszufordern. 

Ein Ziel Ihrer Intendanz?

Dass wir relevant sind. Dazu braucht es eine hohe Zugänglichkeit und einen guten Kontakt zur nächsten Generation.

Wenn die Welt eine Bühne ist, welches Stück wird gerade gespielt?

Wir haben als nächste Premiere «La forza del destino», das finde ich nicht unpassend. Es herrscht Krieg, der die zwischenmenschlichen Beziehungen zusätzlich herausfordert.

Welche Aufgabe kommt Religion in einer Gesellschaft zu?

Eine verbindende. Alle haben Sehnsucht nach Halt, zumindest in Extremsituationen. Wichtig ist auch, dass ein Gefäss da ist, wenn Angehörige sterben. Und dass jene nicht vergessen werden, die keine Leistung erbringen können.

Gibt es eine Inszenierung des Göttlichen, die Sie überzeugt?

Das Stück mit der vielleicht höchsten spirituellen Kraft ist für mich «Saint François d’Assise» von Olivier Messiaen. 

Müssten nicht die Oper wie die Kirchen ein breiteres Publikum erreichen? 

Natürlich. Wir müssen hart daran arbeiten. Ich glaube, bei Oper ist eigentlich für jeden etwas dabei. Oper ist etwas so Heterogenes. 

Finden Sie die Ticketpreise der Zürcher Oper angemessen?

Wenn man sieht, was man dafür bekommt – es gibt Vorstellungen mit bis zu 300 Mitwirkenden –, dann ja. Ich würde es aber gerne schaffen, erschwinglicher zu werden. 

Welcher Charakter einer Oper kommt dem Ihren am nächsten?

Das kann ich nicht sagen. Ich denke nicht zu viel über mich selbst nach. Sowohl beruflich als auch privat mit fünf Kindern bin ich eigentlich im Zustand der ständigen Überforderung.