Widmer & Binotto

Wo ist das Problem mit schön verpackten Geschenken?

Eine freundliche Frage bloss und schon bin ich durch den Wind: «Dürfen wir es als Geschenk einpacken?» – Wie gerne würde ich «Ja» sagen, weil ich nämlich auf dem nackten Kieferknochen gehe. Aber was denkt meine Achtsamkeit, wenn ich bequem gekaufte Geschenke nicht einmal selbst einpacke? – «Nein danke, ich pack’s selbst ein.»  – Das Hochgefühl der Selbstermächtigung hält nur kurz. Wie exquisit soll das Geschenkpapier sein? Wie handge­woben das Bändeli? Soll das Geschenk durch seine Verpackung wertig werden? Will ich verschleiern, dass es 15.90 gekostet hat? Und weshalb habe ich Vollpfosten das Verkaufspersonal nicht einfach seinen Job machen lassen?

Mein Lamento geht beim Einpacken ungebremst weiter, weil mir meine beiden linken Hände ins Auge fallen. Und, mein Gott, ich hab das Anhängerli vergessen. Offen haben jetzt nur noch Presto-pronto-Shops. Her mit irgendeinem traurigen Hängerli! Mein Geschenk deckt inzwischen eine imposante Bandbreite der Festfreude ab: Innen lau – aussen von hui bis pfui – und immer noch keine empathisch wertvolle Grusskarte. Ich bin fix und fertig für den Christmaswalk of Shame.

Unterwegs noch ein heiliger Schwur: Nächstes Jahr gibt’s Trennkost. Mit den Päckli fange ich im Januar an. Mit Kurs und allem Drum und dran. Ich verpacke leere Kartons mit einmaliger Perfektion. Denen geht’s dann wie dem Christbaumschmuck: Am 24. raus, dekorativ anordnen, sorgfältig geniessen, nach dem Fest zurück in die Weihnachtskiste. Die Geschenke? Die werden en nature verabreicht. Ressourcenschonung vom Feinsten!

Mit einem winzigen Haken: Ich liebe wunderbar verpackte Weihnachtsgeschenke! Diese enthülle ich – weil ich die mitverpackten Leiden nur zu gut kenne – mit Engelsgeduld komplett gewaltfrei. Bis es die Schenkenden nicht mehr aushalten und nun endlich ebenfalls völlig entnervt ihr eigenes Kunstwerk zerstören. Jetzt aber hurtig mein Überraschungsgesicht auspacken: «So schön! Toll!! Wow!!!»