Zürich regional

Erstaunliche Lebenskraft

Mit 13 Jahren ist Désiré Bene als Bürgerkriegswaise aus Côte d’Ivoire geflohen. Heute ist er Sakristan in St. Peter und Paul Zürich.

«Während der Flucht durch die Wüste sah ich, dass kräftigere Leute als ich gestorben sind», erinnert er sich. «Auch auf dem Meer sind Menschen gestorben, aber ich überlebte. Ich war entmutigt und tieftraurig.» Doch da sieht er in einem Traum seine Mutter, «wie ein Engel in weissem Kleid», und sie sagt zu ihm: «Wenn du traurig bist oder in Schwierigkeiten: Bete, glaube an Gott!» Desiré antwortet im Traum: «Ich kann gar kein Gebet …», und sie: «Sag Gott, was du im Kopf und im Herzen hast.» So habe er seither immer gebetet. «Das gab mir eine grosse Kraft.» Mit dieser Kraft im Herzen landet er in Spanien, wo er auf Gurkenplantagen hart arbeitet, aber doch nicht genug zum Leben verdient. In dieser Zeit erfährt er, dass seine drei Schwestern entgegen seinen Befürchtungen noch leben. Er hat also noch Familie: «Das war eine riesige Freude!» Er übernimmt Verantwortung und sucht im Cybercafé nach einem Land, wo er eine Ausbildung machen kann, um die Schwestern finanziell zu unterstützen.  Mit 17 Jahren kommt er in Genf an. Hier spricht man Französisch, was in seinem Land Amtssprache ist. Er führt zwei Interviews auf Französisch, nur um anschliessend zu erfahren, dass er dem Kanton Zürich zugeteilt ist. Nachdem er schon Spanisch gelernt hatte, muss er sich jetzt mit Deutsch abmühen.

«In Côte d’Ivoire war ich auf der Fussballschule», erzählt Désiré. «Ich träumte davon, Profi-Fussballer zu werden.» Doch er merkt bald, dass der Trainingsrückstand nach vier Jahren Flucht nicht aufzuholen ist. Er beginnt die zweijährige Lehre als Unterhaltspraktiker EBA – in der Pfarrei St. Katharina Zürich-Affoltern. Als dort der Sakristan krank wird, darf er einspringen. «Das hat mir gut gefallen! Daher habe ich noch die Sakristanen-Aus­bildung gemacht und bin nun in St. Peter und Paul fest angestellt.» Kirchenarbeit sei immer Teil seiner Familie gewesen. Der Vater engagierte sich freiwillig als Kirchenchorleiter, seine Mutter bereitete – ebenfalls ehrenamtlich – die Kinder auf die Erstkommunion vor. «Auf meiner Flucht hat mir niemand geholfen, nur Gott. Ich wollte gern eine Arbeit für ihn machen. Ich dachte, Priester werden kann ich nicht, aber als Sakristan kann ich arbeiten.» Inzwischen hat Désiré geheiratet und ist stolzer Papa eines kleinen Sohnes. Allerdings: Noch wohnen alle drei in einem Ein-Zimmer-Studio. «Ich hoffe, bald eine etwas grössere Wohnung zu finden. Wenn der Kleine nachts wach ist, sind wir alle wach», sagt er schmunzelnd.