Schweigen ist Pflicht beim Spiel – Stille jedoch nicht. Gespielt wird auf einer speziellen Tischkonstruktion mit einem gelben Ball in der Grösse eines Tennisballs, gefertigt aus speziellem Kunststoff, im Innern mit kleinen Rasseln versehen. So verrät das Geräusch jederzeit, wo sich der Ball gerade befindet. Ohne auf ihre Augen angewiesen zu sein, können die Spielerinnen und Spieler ihn abfangen, zurückschlagen oder einen Treffer ins gegnerische Tor erzielen.
Ein leises Kratzen über die Tischplatte, ein kurzes, dumpfes Aufprallen – dann: Tor!
Wer das erste Mal ein sogenanntes Showdown-Spiel miterlebt, versteht sofort, warum dieser Sport weltweit immer mehr Begeisterte findet. Die Mischung aus Tischtennis und Airhockey – einem schnellen Spiel, bei dem man eine flache Scheibe über eine glatte Tischfläche ins gegnerische Tor schiebt – wurde ursprünglich in Kanada erfunden. Es bietet vor allem blinden und sehbehinderten Menschen eine spannende Möglichkeit, sich sportlich zu messen.
Der Sport ist jedoch keineswegs nur für blinde Menschen gedacht. In der Schweiz gilt Max Bolliger als Pionier, weil er Showdown ins Land brachte. Er selbst ist nicht blind, engagiert sich aber stark dafür, sehende Menschen für die Lebensrealität blinder Menschen zu sensibilisieren. Als er das Spiel erstmals sah, erkannte er sofort dessen Potenzial: Rund um einen Holztisch können Sehbehinderte und Sehende ganz selbstverständlich miteinander spielen – und die letzteren werden für das Thema «Nichtsehen» aufmerksam gemacht. So gelang es ihm, die ersten Showdown-Tische aus Frankreich in die Schweiz zu holen. 2009 fand schliesslich das erste offizielle öffentliche Turnier statt.
Aus der ‘Schnapsidee’ wurde eine Realität.
Den eigentlichen Durchbruch in der ganzen Schweiz verdankt Showdown jedoch Rita Dütsch. Sie ist blind und war sofort begeistert, als sie das Spiel kennenlernte. Schnell eignete sie sich die Regeln an und suchte nach einem Ort, an dem man regelmässig trainieren konnte. Seit Sommer 2016 darf sie den Keller des Pfarreiheims St. Peter und Paul, wo sie Pfarreimitglied ist, als Trainingsraum nutzen.
«Die Geburt von Showdown war hier unten!», sagt sie lachend. Dank ihr hat sich das Spiel in Winterthur zu einer kleinen Erfolgsgeschichte entwickelt. «Nach kurzer Zeit waren wir elf oder zwölf Leute», erinnert sich Dütsch. «Eines Tages sagte ich scherzhaft: Wir könnten eine Schweizer Meisterschaft organisieren! – alle haben gelacht». Heute ist jedoch klar: Aus der ‚Schnapsidee‘ wurde Realität.
Jedes Jahr finden in der Schweiz zwei oder drei Turniere statt.
Zusammen mit ihrem Ehemann Stephan hat Rita das Spiel in der Schweiz bekannt gemacht. Stephan ist sehend, spielt aber – wie alle teilnehmenden sehenden Spielerinnen und Spieler – stets mit dunklen Brillen, um Fair Play zu gewährleisten. Darüber hinaus übernimmt er in Trainings und an Turnieren die Schiedsrichterfunktion. Heute ist er national im Einsatz, denn inzwischen finden jedes Jahr mindestens zwei oder drei Turniere in der Schweiz statt.
Schweizweit gibt es heute 45 aktive Showdown-Mitglieder – die meisten davon über 60 Jahre alt. Doch auch jüngere Spielerinnen und Spieler sind mit Begeisterung dabei. Tom, 25, reist jeden Freitag von Zug nach Winterthur, nur um am Training teilnehmen zu können. «Das kostet mich 28 Franken – nur fürs Spielen! Ich hoffe, dass sich Showdown auch in Zug verbreitet», erzählt er enthusiastisch. Organisierte Teams gibt es u.a. bereits in Basel, Schaffhausen und St. Gallen.
Hier wird mit Leidenschaft, Präzision und Gemeinschaftsgeist gespielt.
Warum der Sport «Showdown» heisst, können nicht einmal die Pioniere des Spiels genau erklären. Auf Deutsch bedeutet das Wort eine entscheidende Kraft- oder Machtprobe. Sicher ist jedoch: In Winterthur, im Kellerraum des Pfarreiheimes, ist der Name Programm – denn hier wird mit Leidenschaft, Präzision und Gemeinschaftsgeist gespielt. Showdown ist längst ein fester Bestandteil des Freitagabends oder Wochenendprogramms geworden. Für alle – ob blind oder sehend.