Fragebogen

Susan Boos, 62, Präsidentin Schweizer Presserat

Wann sind Sie zufrieden mit Ihrer Arbeit?

Wenn ein Artikel fertig ist, gibt es dieses winzige Zeitfenster, in dem man sich happy fühlt. Wenig später beginnt das Hadern, weil man am Ende jedes Schreibprozesses erkennt, was fehlt und wie man es besser hätte machen können.

Wie gehen Sie mit Fehlern um?

Der Presserat hat eine klare Regelung: Fehler müssen korrigiert und die Korrektur transparent gemacht werden. Ein allgemeingültiger Grundsatz scheint mir: zu Fehlern stehen, korrigieren, Transparenz herstellen.

Funktioniert Selbstregulierung?

Klar, für jene, die es ernst meinen mit fairem und gutem Journalismus. Es braucht diesen gemeinsamen Diskurs, um immer wieder von Neuem auszuloten, was journalistisch geht und was nicht. Für alle jene, die sich an keine Regeln halten wollen, taugt die Selbstregulierung selbstredend nicht. Aber die machen ja auch keinen Journalismus, sondern Werbung, Propaganda oder wie immer man das nennen möchte. 

Welche Erfindung würden Sie gerne ungeschehen machen?

Die Erfindung des Geldes. 

Glauben Sie an das Gute im Menschen?

Ja.

Warum?

Was ist die Alternative? Aus beruflichen Gründen kenne ich einige Menschen, die wirklich Böses getan haben, Mörder und Vergewaltiger. Sie alle würden gerne als gute Menschen wahrgenommen werden. Vielleicht gibt es auch andere, aber die, die ich kenne, wären froh, sie hätten nicht getan, was sie getan haben. Sie wollen keine bösen Monster sein. Solange in uns Menschen dieses Urbedürfnis schlummert, als gute Menschen gesehen zu werden, können wir ans Gute glauben. Denn ans Schlechte zu glauben, bringt Schlechtes hervor.

Was ist seit der verbreiteten Verwendung von KI-Tools in Ihrer Arbeit besser geworden?

Texte lassen sich leicht übersetzen. Selbst aus Sprachen, die hierzulande kaum jemand spricht. Das ist grossartig.

Was wären Sie geworden, wenn nicht Journalistin?

Wildhüterin, Rechtsanwältin, Ausbildnerin von Blindenhunden, Regisseurin, Werklehrerin …