«In die Sonne schauen» von Mascha Schilinski / Deutschland 2025 / Besetzung: Lena Urzendowsky, Luise Heyer, Laeni Geiseler, Susanne Wuest, Lea Drinda, Hanna Heckt …

Kino unter Leuten

«In die Sonne schauen»

Je eindeutiger man diesen Film zu fassen versucht, desto widerständiger verweigert er sich dem Zugriff. So viel verheisst bereits der Titel, denn wer direkt in die Sonne schaut, wird erblinden. Regisseurin Mascha Schilinski spielt mit dem Flirren, dem Schillern, dem Schweben, dem Nicht-mehr-da- und Noch-­nicht-fort-sein. Sie macht sichtbar, was dem starren Blick entgeht.

Ein Hof, weitab in der Altmark gelegen, und vier Frauen, die seine Geschichte miterzählen: Alma in den 1910ern, Erika in den 1940ern, Angelika in den 1980ern, Nelly in der Gegenwart. Vergänglichkeit überall: Kaiserreich, Nationalsozialismus, DDR – alles dem Ende nah – und auch die Gegenwart wird nicht von Dauer sein.

Daraus könnte in 149 Minuten ein prächtiges Epos werden. Aber erneut verweigert sich der Film unserer Erwartung. Zeiten und Figuren werden so dicht verwoben, dass zuvor und danach verschwimmen, selbst unten und oben sind keine Gewissheiten. Wenn es eine Linie gibt, die man verfolgen könnte, dann jene von lustvollem Entdecken und gewalttätigem Besitzen. Von Frauen als Subjekt und Objekt.

«In die Sonne schauen» ist eines jener raren Werke, dem man mit der Beschreibung seiner Form näherkommt als mit einer Nacherzählung des Inhalts. Schilinski nutzt alles, was Kino bietet: Bildgestaltung, Ton, Montage. Im Spiel mit Formen findet ihr Film sein eigenwilliges
Eigenleben. Das Bildformat verflüssigt sich, wird atemberaubend weit und dann wieder erstickend eng. Die Bewegung lastet bleiern, während die Ruhe flimmert. Und die Tonspur entdeckt ihre individuelle Stimme und den eigenen Atem. Selbst die Montage erzählt, was sie ist: Ein Strom aus Fragmenten und Assoziationen. Das alles ist verwirrend und will bis zum letzten Bildrauschen verwirrend sein. «In die Sonne schauen» widersetzt sich lustvoll und schmerzhaft zugleich unseren Seh-und Erzählgewohnheiten. Daraus entsteht so existentiell Kino, wie es nur im Kino sein darf und kann.

Wir schauen uns «In die Sonne schauen» gemeinsam an.
Sonntag, 7. September, 12.15 Uhr
Kino Arthouse Le Paris (Gottfried-Keller-Strasse 7, 8001 Zürich)
Infos & Ticketverkauf

Wichtiger Hinweis:
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Alle Teilnehmerinnen/Teilnehmer besorgen sich eigenständig eine reguläre Eintrittskarte an der Kinokasse oder im Vorverkauf.
Von der Redaktion ist mit dabei: Eva Meienberg