Josef Annen ist in Küssnacht am Rigi aufgewachsen. Nach seinem Studium in Theologie und Philosophie in Chur und Tübingen wurde er 1973 zum Priester geweiht. Der promovierte Theologe arbeitete acht Jahre in der Jugendseelsorge, 13 Jahre als Pfarrer in Winterthur und neun Jahre als Leiter des bischöflichen Seminars in Chur. Von 2009 bis zu seinem Rücktritt im November 2020 wirkte er als Generalvikar für die Bistumsregion Zürich und Glarus. Er trat aus gesundheitlichen Gründen zurück. Annen lebt heute in Zürich.
«Das Bistum Chur und die Bistumsregion Zürich, die Theologische Hochschule Chur und das Priesterseminar St. Luzi haben ihm sehr viel zu verdanken», würdigt Professor Christian Cebulj von der Theologischen Hochschule Chur den seelsorgerlichen Lebensweg des Jubilars. Eva-Maria Faber, ebenfalls Professorin an der Theologischen Hochschule Chur, sagte einmal über Josef Annen: «Wir waren einige Jahre zusammen in Chur, als er Regens im Priesterseminar war. Josef Annen hat damals sehr ruhig versucht, eine Kultur des Hauses zu prägen und auf sehr einfühlsame Art und Weise die Studierenden begleitet. Ich habe ihn früher einmal mit einem Architekten verglichen, der von Grund auf versucht, etwas aufzubauen.»
Für Annen war die Seelsorge besonders wichtig. In einem Interview mit kath.ch betonte er, die Seelsorge müsse sich nicht an Gesetzen orientieren, sondern an der direkten Begegnung mit dem Menschen. «Der Papst verlangt, dass die Seelsorger hinschauen, unterscheiden, auf das Evangelium und das Gewissen hören und danach nach einer Lösung suchen, welche die Menschen näher zu Gott bringt», so Annen. Zum apostolischen Schreiben «Amoris laetitia» von Papst Franziskus meinte er im Stile grosser menschlicher Empathie: «Ehe und Partnerschaft sind für uns Menschen ein Ort der Freude. Gott hat den Menschen aus Liebe erschaffen. Mann und Frau dürfen in Ehe und Familie diese Freude teilen und bei allem Auf und Ab immer wieder neu erleben. Das finde ich eine wunderbare Formulierung. Darum heisst das neue Dokument Amoris laetitia, Freude der Liebe.» Amoris laetitia ist ein nachsynodales Schreiben von Papst Franziskus aus dem Jahr 2016, das sich auf die pastoralen Herausforderungen der Familie bezieht.
Im Rahmen seines 50-jährigen Priesterjubiläums 2023 bekannte er, dass er vor dem Zweiten Vatikanum aufgewachsen sei. «Ich habe also noch die alte Liturgie auf Lateinisch erlebt. Und der Priester stand mit dem Rücken zum Volk. Die Anzahl der Gläubigen hat mich beeindruckt», sagte er in einem Interview mit kath.ch. Diese Teilnahme habe nach dem Zweiten Vatikanum stetig abgenommen. «Das macht viel aus für die Atmosphäre der Feier und der Liturgie, wenn eine grosse Gemeinschaft den Gottesdienst mitträgt und mitsingt.»
Die Rolle von Frauen in der Kirche ist sicher die drängendste Frage in der weltweiten Kirche.
Was die Rolle der Frauen in der Kirche anbelangt, zeigte sich Josef Annen offen, stellte aber klar: «Die Rolle der Frau in der Kirche ist sicher die drängendste Frage in der weltweiten Kirche. Ich setze mich schon seit Jahren aktiv für das Diakonat der Frau ein und sehe keine gewichtigen Gründe, die gegen Priesterinnen sprechen. Für die Konzelebration ist die Weihe jedoch die Voraussetzung. Die kirchenrechtliche Grundlage muss gegeben sein.» Ein Vorwärtskommen erzwingen zu wollen, sei seiner Ansicht nach aber nicht dienlich für die Anliegen der Frauen in der Kirche. «Das führt nur zu Verhärtungen.»
Konsequent, engagiert und verständnisvoll hat sich Josef Annen stets auch für den offenen interreligiösen Dialog und insbesondere auch für die Sache der Orthodoxie eingesetzt.
«Die Synode, die Mitsprache der Laien, das Miteinander im dualen System, waren ihm ein Herzensanliegen», würdigte die frühere Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding das Wirken von Josef Annen anlässlich seines Rücktritts. «Seine Stimme war eher leise, aber sie hatte immer Gewicht. Bereits als Synodale bedeuteten mir die dezent vorgetragenen, in der Sache aber immer klaren und wohl begründeten Voten von Generalvikar Josef Annen viel.»