Der Boden ist sandig rund um die Abtei von Keur Moussa. Ihr Name bedeutet in der senegalesischen Sprache Wolof «Das Haus des Mose». Obst- und Gemüsegärten sind hier seit jeher wasserabhängig. «Doch jetzt gibt es immer weniger Niederschlag», sagt Pater Thomas Pikandieu Gomis und führt uns zu einem kahlen Feld, auf dem nun statt der wasserintensiven Kumquats – einer kleinen Zitrusfrucht – Erdnüsse wachsen: «Der Klimawandel ist bei uns eine greifbare Realität. Er hat die Erträge unserer Abtei erheblich reduziert.» Die Landwirtschaft ist eine wichtige Finanzierungsquelle für die rund 30 Mönche, die hier leben und aus verschiedenen afrikanischen Staaten sowie aus Frankreich stammen. Getreu dem benediktinischen Motto «Ora et labora» (Bete und arbeite) bewirtschaften die Mönche mit Hilfe einer Handvoll festangestellter Mitarbeiter und Dutzender muslimischer Vertragsarbeiter, die tageweise arbeiten, Zitrus- und Gemüsegärten, verarbeiten Früchte und ernten Honig.
Auch neue Grundwasser-Bohrungen bringen nicht genug Ertrag.
«Wir hatten Probleme mit dem Wasser, das brackig geworden war und nicht mehr zur Bewässerung verwendet werden konnte. Wir haben mehrere neue Grundwasser-Bohrungen vorgenommen, sie bringen aber nicht die notwendige Leistung. Um die Felder zu bewässern, müssen wir sehr teuer Wasser kaufen. Wir mussten daher die Produktion von Zitrusfrüchten drosseln», bedauert Pater Thomas. Vor vier Jahren musste zudem die Produktion des beliebten Ziegenkäses, für den die Leute sogar aus Dakar anreisten, eingestellt werden. «Die Bauern lieferten uns die Milch, aber sie fügten Wasser hinzu, daher konnten wir damit nicht mehr produzieren», sagt Bruder Jean-Paul NDour. Doch die Mönche haben das Problem gelöst, indem sie eine eigene Ziegenherde aufgebaut haben. Bruder Jean-Paul zeigt uns stolz den neuen Ziegenstall: «Wir werden im Herbst wieder mit der Produktion starten!»

Die Mönche hüten nun eine eigene Ziegenherde - und können weiterhin begehrten Ziegenkäse herstellen.
Jacques Berstet
Neben der Landwirtschaft hat die Abtei auch das Zentrum Saint-Martin entwickelt, in dem die Mönche traditionelle Medizin praktizieren. Sie arbeiten hauptsächlich mit Heilpflanzen, die, wie Pater Thomas versichert, getestet wurden und gegen Leiden wie Asthma, Cholesterin, Diabetes oder Bluthochdruck wirken. «Es ist ein Sektor, der uns Geld einbringt, ebenso wie die Hotellerie und der Empfang von Retreat-Teilnehmenden und Pilgern. Der Laden, in dem wir alle möglichen Produkte sowie unsere Musikproduktionen verkaufen, bringt auch ein wenig Geld ein…».
Der Dialog ist eine wirksame Bremse gegen muslimischen Extremismus.
Seit der Gründung der Abtei von Keur Moussa im Jahr 1963 sind zahlreiche Christinnen und Christen in die Umgebung des Klosters gezogen, wodurch neue Stadtviertel entstanden sind. Sie haben sich gut in die muslimische Umgebung – 94 Prozent von Senegals Bevölkerung – integriert. Pater Olivier-Marie Sarr ist in Dakar in einem muslimischen Viertel mit nur zwei christlichen Familien geboren. Er besuchte eine katholische Schule, die auch viele muslimische Kinder unterrichtete. Er betont: «Wir sind alle Senegalesen. Die Religionen dürfen uns nicht trennen. Die Kirche möchte nicht, dass ein Graben zwischen den Gemeinschaften entsteht. Wir wurden zu gegenseitigem Respekt erzogen, und im Senegal gibt es noch keine interreligiösen oder interethnischen Konflikte. Die Religionsgemeinschaften können sich dafür einsetzen, aufkeimende Konflikte zu lösen.» Der christlich-islamische Dialog könne eine wirksame Bremse gegen die Gefahr des muslimischen Extremismus sein, der einen Teil Afrikas durchzieht, ist Pater Olivier-Marie Sarr überzeugt.

Die traditionelle westafrikanische Harfenlaute mit ihrem einmaligen Klang kommt auch in der Liturgie zum Einsatz.
Jacques Berset
Bereits kurz nach der Eröffnung des Klosters in Keur Moussa haben die Mönche die damals neue Öffnung der katholischen Liturgie für lokale Traditionen umgesetzt: Sie haben afrikanische Musikinstrumente im Gottesdienst erklingen lassen. Und nicht nur das – sie haben eines der lokalen Instrumente namens Kora weiter entwickelt und damit internationale Bekanntheit errungen. Der Resonanzkörper dieser 21-saitigen westafrikanischen Harfenlaute besteht aus einer halben Kalebasse, die mit Rinderhaut bespannt ist und durch die ein Schaft verläuft. Das einzigartige Timbre dieses Instrumentes faszinierte den aus Nantes stammenden Chormeister des Klosters Keur Moussa, Pater Dominique Catta. Er nahm die traditionelle Musik in den Dörfern bei muslimischen Festen auf und fand eine einzigartige Modalität zwischen dem gregorianischen Gesang und dieser Musik. Er war der erste westliche Komponist, der Stücke für die Kora schrieb, für Kora solo, im Duett mit westlichen Instrumenten oder als Begleitung für die Gesänge der Gemeinschaft.
Mit der Kora verbinden wir afrikanische Melodien mit unseren gregorianischen Gesängen.
«Die Kora hatte bereits ihren Ruf über Westafrika hinaus, aber die von den Mönchen hergestellte weiter entwickelte Kora aus Keur Moussa hat über den Senegal hinaus die Welt erobert. Das Instrument wird auf allen fünf Kontinenten verwendet, wir haben bereits mehr als 1300 davon exportiert», sagt Pater Thomas stolz. «Unsere Musik berührt die Herzen und erhebt die Seele. Kinderkrankenhäuser verwenden unsere CDs sogar, um kleine Patienten zu beruhigen.»

Jacques Berset
Die Benediktinerabtei vom Unbefleckten Herzen Mariens wurde auf Wunsch des Bischofs von Dakar von neun Mönchen des Klosters Solesmes (Frankreich) auf einem etwa 40 Hektar grossen Grundstück des Bistums in Keur Moussa errichtet. «Und die Wüste wird blühen», lautete das Motto des neuen Klosters. Die Mönche gründeten eine Grundschule und eine Krankenstation, die täglich bis zu 250 Patienten betreut. Sie bauten Wasserpumpen und versorgen so die Umgebung mit Wasser. Schon bald schlossen sich den Mönchen von Keur Moussa die Nonnen von Sainte-Cécile (ebenfalls aus Solesmes, Frankreich) an, die das benachbarte Kloster Keur-Guilaye gründeten.