Wie würden Sie sich in drei Worten beschreiben?
Ich kann gut zuhören, bin vielseitig interessiert und ein hoffnungsvoller, positiver Mensch.
Wie würden Sie Ihre Spiritualität beschreiben?
Mich hat die Spiritualität der Jesuiten stark geprägt. Ich finde es schön, dass die Spiritualität von Ignatius von Loyola eine Mitte hat – Jesus Christus, und darum offen ist für alles und jeden – es gibt keine Berührungsängste.
Ihr Lieblingsheiliger ist bestimmt Ignatius von Loyola. Liege ich richtig?
Das stimmt. Aber ich habe noch weitere Lieblingsheilige: den heiligen Benedikt, den heiligen Franziskus und Bruder Klaus.
Gibt es auch eine Heilige, die Sie besonders schätzen?
Gute Frage. Ja, der heiligen Wiborada, die eigentlich eine sperrige Heilige ist, bin ich in den letzten Jahren nähergekommen.
Was sind für Sie wichtige Kraftorte?
Die Dreiweiern, der Bodensee und meine Wohnung. Aber es gibt auch Orte, die mich spirituell geprägt haben und daher für mich wichtig sind.
Und die wären?
Die Kathedrale St. Gallen und die Kirche Santa Maria in Trastevere. Dort habe ich während meines Studienaufenthaltes in Rom mit den Pfadfindern gearbeitet und war in der Firmvorbereitung tätig. Aber auch die Jesuitenkirche in Innsbruck ist für mich ein Kraftort, ebenso der Ranft und das Kloster Einsiedeln.
Die Bischofsweihe von Beat Grögli
Am Samstag, 5. Juli 2025, wird Beat Grögli in der Kathedrale zum 12. Bischof von St. Gallen geweiht. Das Bistum erwartet Gäste aus Kirche, Politik und Wirtschaft sowie Familie und Freunde des erwählten Bischofs Beat. Der Weihegottesdienst in der Kathedrale beginnt um 10.30 Uhr. Er wird live in die reformierte Kirche St. Laurenzen übertragen und kann via Livestream auf Tele Ostschweiz und über die Website des Bistums mitverfolgt werden.
weitere Informationen
Sie stammen aus der Pfarrei Wil im Bistum St. Gallen. Sie sind also ein klassisches Pfarreikind.
Ich bin definitiv ein Pfarreikind, aber kein klassisches. Denn ich war in meiner Pfarrei nie Ministrant. Ich habe erst mit 16 Jahren, als ich ins Internat ging, angefangen zu ministrieren.
Wann wussten Sie, dass Sie Priester werden möchten?
Es gab einen Auslöser, eine Predigt meines Pfarrers. Ich war damals etwa 14 Jahre alt.
Wie haben Familie und Freunde darauf reagiert?
Ich habe noch etwas gebraucht, um darüber zu sprechen. Meinen Eltern habe ich vorerst nur gesagt, dass ich aufs Gymnasium wollte, weil ich meinte, dass ich die Matura brauche, um Priester werden zu können. Zuerst habe ich es mit einem Freund besprochen und mit den Patres im Internat. Meinen Eltern habe ich es später gesagt, als ich 18 oder 19 Jahre alt war.
Wie haben Ihre Eltern reagiert?
Meine Mutter war sehr, sehr kritisch. Mein Vater war ein ruhiger Mensch. Aber er hat sich gefreut, da bin ich mir sicher. Nach der Admissio-Feier, sozusagen die Verlobungsfeier fürs Priesteramt, die immer vor der Priesterweihe stattfindet, sagte mir meine Mutter: «Ich sehe, dass du es wirklich ernst meinst. Du kannst sicher sein, dass wir immer hinter dir stehen.» Das fand ich grossartig.
Haben Sie Ihren Entscheid, Priester zu werden, jemals bereut?
Schwierige Momente gab es durchaus. Aber Zweifel an meiner Entscheidung hatte ich nie.
Sie haben vorhin von Ignatius von Loyola gesprochen. Bei ihm steht die «Unterscheidung der Geister» im Mittelpunkt. Haben Sie den Gedanken, Bischof zu werden, lange mit ins Gebet genommen?
Selbstverständlich. Ich wusste ja, dass ich auf der Liste stehe – im Vorfeld wurde ich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Als ich dann vom Domkapitel gewählt wurde, war für mich klar, dass ich dieses Amt annehme. Da hatte ich diesen Gedanken bereits oft durchgebetet.
Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfahren haben, dass Sie Bischof werden?
Freude. Bischof Markus kam dann in die Sakristei, wo die Wahl stattgefunden hatte, und hat gefragt, ob ich das Amt annehmen möchte. Mein Ja hat ihn sehr berührt. Das war ein sehr starker Moment für mich.
Was ist für Sie ein guter Bischof?
Ich komme gerade zurück von ein paar Tagen Exerzitien und habe die Texte der Weiheliturgie mitgenommen. Es ist eindrücklich, was der Bischof bei seiner Weihe alles verspricht: Dem Amt dienen – und sich nicht am Amt bedienen, das Evangelium verkünden, den Glauben weitergeben, die Kirche aufbauen in der Einheit und im Gehorsam zum Papst, für das Volk Gottes sorgen, den Armen gütig und barmherzig sein, den Verirrten nachgehen, für alle Menschen beten und untadelig leben.
Und Sie können all die Punkte erfüllen?
Das kann ich noch nicht sagen, aber ich werde mein Bestes geben.

Jacqueline Straub
Jeder neue Bischof wird für eine Woche nach Rom eingeladen, in die «Baby-Bischofsschule». Sie werden im September daran teilnehmen. Worauf freuen Sie sich?
Ich finde es mega spannend, die Weltkirche auf diese Weise neu kennenzulernen. Es ist sicherlich inspirierend, anderen Bischöfe zu begegnen, die nun auch dieses Amt antreten, aber in einer komplett anderen Situation sind. Wir werden auch die Dikasterien besuchen, darauf freue ich mich sehr.
Wo sehen Sie den grössten Handlungsbedarf in der Kirche?
Wie man mit weniger Personalressourcen und weniger Infrastruktur trotzdem starke Orte des Glaubens gestalten kann. Da bin ich auf die verschiedenen Räte im Bistum angewiesen, dass wir gute Lösungen finden. Ich werde nichts von oben verordnen – es geschieht im Dialog mit den Seelsorgenden und den entsprechenden Gremien.
Wie stehen Sie zum Thema Frauenpriestertum?
Die theologische Argumentation gegen das Frauenpriestertum finde ich schwach. Und auch gesellschaftlich verstehen es viele nicht mehr, warum man den Frauen den Zugang weiterhin verwehrt. Als Mann der Kirche sehe ich aber, dass es etwas komplexer ist. Die Vorstellung, dass Frauen das Priesteramt ausüben – sofern es Rom erlaubt – macht mir keine Angst.
Und würden Sie für dieses Anliegen in Rom eintreten?
Ich werde mir gut überlegen, wo ich meine Energie einsetzen werde. Für mich beginnt Förderung von Frauen schon viel früher. Etwa, dass Seelsorgerinnen sich geschätzt fühlen und gefördert werden, aber auch, dass sie sich weiterentwickeln und mehr Verantwortung übernehmen können. Das ist mir wichtig. Ich hatte starke Frauen im Dom-Team. Sie haben mich im besten Sinn gefordert. Ich muss nun wichtige Aufgaben in der Bistumsleitung neu besetzen, in der ersten Runde wird es mir noch nicht gelingen, dem Anliegen gerecht zu werden. Aber in Zukunft soll es mehr Frauen in Schlüsselpositionen geben.
Wie stehen Sie zum Pflichtzölibat?
Ich verstehe den Zölibat als Zeichen für das Himmelreich. Ich finde, dass das heute noch immer eine Kraft hat. Es hat mein Priestersein inspiriert. Die verpflichtende Verbindung zwischen Priesteramt und Zölibat darf man aus meiner Sicht ändern.
Haben Sie schon mal homosexuelle Paare gesegnet?
Jeden Sonntag feiern homosexuelle Menschen die Gottesdienste in der Kathedrale mit; ich schätze sie, und ich glaube, sie schätzen mich. Daraus hat sich jedoch nie eine Anfrage ergeben für eine Segnungsfeier.
Wenn nun ein homosexuelles Paar an Sie als Bischof herantritt und gesegnet werden will, was machen Sie dann?
Ich bin Seelsorger. Eine Segnungsfeier ist keine kirchenpolitische Manifestation.
Was ist Ihnen in der Liturgie wichtig, damit sie Menschen anspricht und berührt?
Dass sie schön und sorgfältig gefeiert wird. Eine schludrige Liturgie geht mir auf den Wecker. Etwa wenn die Worte heruntergeleiert werden. Wenn ich die Worte und Zeichen der Liturgie zu ‹meinem Lied› mache, dann wirken sie und kommen bei den Menschen an. Die Liturgie hat mich schon in meiner Kindheit und Jugend sehr angesprochen, weil mir da etwas entgegengekommen ist, was nicht gemacht war, etwas Göttliches.
Was meinen Sie damit?
Liturgie ist nicht einfach gemacht von den Menschen, die im Gottesdienst tätig sind. Sondern es kommt etwas von Gott zu uns. Das berührt mich sehr. Ich glaube, dass die Liturgie für unsere Gesellschaft heilsam sein kann. Liturgie ist ein Geschenk. Ich habe auch einen Zugang zur ostkirchlichen Liturgie. Ich verstehe dort zwar kein Wort ausser «Amen» und «Halleluja», aber es nimmt einen hinein in eine andere Dimension.
Auch im Bistum St. Gallen gibt es Menschen, die gerne die Alte Messe feiern – sie spüren dort ebenfalls diese Tiefe im Glauben, von der Sie gerade gesprochen haben. Wie stehen Sie zur Petrus- und Piusbruderschaft?
Oft ist die Alte Messe mit bestimmten theologischen Vorstellungen, Weltanschauungen und politischen Meinungen verknüpft, die gar nicht meine sind. Schwierig an diesen Gruppen ist, dass sie sich aus der grossen Gemeinschaft verabschiedet haben. Die Liturgie, die sie feiern, entwickelt sich nicht weiter. Sie koppeln sich damit ab von der Entwicklung, in der die Kirche als Gemeinschaft steht.
Zu einer sorgfältigen Liturgie gehört eine gute Predigt. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Ich schaue mir die Texte an, trage sie dann mit mir herum, gehe schwimmen und meditiere während den Gebetszeiten darüber. Wenn ich mich dann an den Schreibtisch setze, habe ich schon einen roten Faden im Kopf, den ich schliesslich zu Papier bringe.
Haben Sie als Ministrant mal einen Fehler in der Liturgie gemacht?
Als Hilfs-Sakristan während meiner Internatszeit habe ich einmal vergessen, Wasser und Wein in die Krüge zu füllen. Ich bin dann rasch in die Sakristei geeilt und habe es geholt. So etwas passiert einem nur einmal.
Was werden Sie wie Ihr Vorgänger Bischof Markus Büchel machen?
Bischof Markus ist ein menschennaher Bischof. Er hat keine Berührungsängste und hat den Kontakt zu den wichtigen Playern in Politik und Gesellschaft im Kanton sehr gut gepflegt. Das möchte ich gerne weiterführen.
Werden Sie ein Wanderbischof sein, den man vor allem im Auto sieht?
Ich habe gar kein Auto.
Oder im Zug?
Ich werde viel draussen in den Pfarreien und den Gemeinschaften, aber auch oft im Büro anzutreffen sein.
Kommen Sie ohne Auto zu allen Pfarreien?
Es gibt Leute, die sagen mir, dass ich es nie schaffen werde. Aber es gibt ja auch noch Carsharing und sicherlich auch Menschen im Bistum, die mich ein Stück mitnehmen.
Verzichten Sie aus ökologischen Gründen auf ein Auto?
Nein. Ohne Auto ist es für mich weniger stressig. Mir gibt es mehr Ruhe, wenn ich mit dem ÖV unterwegs bin.
Wie blicken Sie auf das Thema Missbrauch, Aufklärung und Prävention in Ihrem Bistum?
Wenn es um Aufklärung und Prävention geht, ist das Bistum St. Gallen schon lange und gut unterwegs. Daran müssen wir weiterarbeiten.
Im Jahr 2027 werden die erweiterten Resultate der Forschung über den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche Schweiz präsentiert. Wie werden Sie damit umgehen?
Was in unserem Bistum passiert ist, werde ich vorher erfahren, da wir ein gutes Archiv haben. Mir ist es ein Anliegen, dass die Kommunikation schweizweit gelingt. Klar, ehrlich, konsistent und rasch – so sollen die Botschaften bei den Mitarbeitenden und in der Öffentlichkeit ankommen. Das war im Herbst 2023, als die Pilotstudie veröffentlich wurde, sehr holprig.
Ihren Vorgängern, Bischof Ivo Fürer und Bischof Markus Büchel, wurden vorgeworfen, nicht adäquat in der Missbrauchsaufklärung gehandelt zu haben. Wie war das für Sie?
Im ersten Moment war eine Enttäuschung da. Für mich war es wichtig, dass ich mit Bischof Markus darüber sprechen konnte. Es gab den medialen Supergau, aber sein persönliches Verhalten kann ich nach mehreren Gesprächen gut einordnen. Die Gefahr ist gross, dass wir rückblickend etwas beurteilen und verurteilen nach den heutigen Kriterien und Standards. Vielleicht wird man in 30 Jahren über mich sagen, dass ich an gewissen Punkten völlig versagt habe, weil man die Vergangenheit aus einer anderen Perspektive anschaut. Sicherlich: Ich werde auch Fehler machen.
Zum Schluss noch eine leichte Frage: Auf was freuen Sie sich besonders bei Ihrer Bischofsweihe?
Ich freue mich auf den ganzen Tag. Besonders aber auf die reiche Liturgie und die vielen Menschen, die für die Weihe nach St. Gallen kommen.