Glauben heute

Rom ist ein Sinnbild für mein Inneres

Rom hat mich nicht einfach nur als Stadt beeindruckt. Für mich ist es ein Symbol. Ein Gefühl. Ein Spiegel der eigenen Seele. Als ich zum ersten Mal dort war, spürte ich sofort: Hier geht es nicht nur um Geschichte oder Architektur. Rom hat eine Tiefe, die man nicht erklären kann. Man fühlt sie. Und plötzlich verstand ich, warum C. G. Jung dieses Gefühl so intensiv beschrieben hat. Für ihn war Rom das Sinnbild einer inneren Ganzheit, so wie es auch ein «Dzogchen»-Mandala ist. Und für mich wurde es das auch.

In Rom ist nichts einfach nur neu oder alt. Alles ist gleichzeitig. Renaissancepaläste stehen auf mittelalterlichen Fundamenten, die wiederum über römischen Tempeln errichtet wurden. Heilige und Götter begegnen sich in derselben Kapelle. Vergangenheit und Gegenwart tanzen einen ewigen Tanz. Und während ich durch diese Strassen ging, begann ich zu begreifen: Genau so sieht es auch in mir aus.

Ich trage Schichten in mir: Erinnerungen, Träume, alte Verletzungen, neue Wünsche. Teile, die sich widersprechen, und doch alle zu mir gehören. In Rom fühlte ich mich mit all dem nicht zerrissen, sondern verbunden. Die Stadt zeigt, dass sich Gegensätze nicht widersprechen müssen, sie können sich ergänzen. Das Dunkle und das Helle, das Wilde und das Geordnete, das Heilige und das Profane: alles hat seinen Platz.

Jeder Schritt durch Rom war für mich wie ein Blick nach innen. In jeder Ruine sah ich einen Aspekt der Ganzheit. In jedem Kirchenraum spürte ich eine Form von Frieden, die nicht aus Perfektion kommt, sondern aus dem Annehmen dessen, was ist. Vielleicht ist das, was C. G. Jung als «Individuation» bezeichnete – dieser Weg zu sich selbst – genau das: das innere Rom zu finden.

Rom hat mich daran erinnert, dass ich nicht makellos sein muss, um ganz zu sein. Ich muss nichts abspalten, nichts verleugnen. Vielleicht ist das die grösste Freude, die Rom mir geschenkt hat: Die Ahnung, dass ich – wie diese Stadt – eine lebendige, vielschichtige, vollkommene und unvollkommene Ganzheit bin, geborgen im Herzen göttlicher Gnade.