Als könnte Rapunzel jederzeit eines der Turmfenster öffnen und ihr Haar herunterlassen, so ziert der neugotische Turm das Areal zwischen Schulhäusern und Kirchenschiff. Freistehend, aus hellen Sandsteinen achteckig gemauert, mit spitz aufragendem Turmdach, das kein Krönchen, sondern natürlich ein Kreuz ziert, gleichermassen hübsch und weitherum sichtbar. Die knarzende Holztreppe hinauf begegnet uns keine Rapunzel, unzählige Fliegen aber, die ihre Eier in den Stein legen, und Dohlen. Oben bei den Glocken haben sie Nistkästen, der Vogelschutzverein durfte sie aufstellen. Natur und Landschaft sind es dann auch, die einem beim 360-Grad-Blick aus 40 Metern Höhe den Atem rauben: Sanft steigt die Ebene zum Pfannenstiel an, trotz dichter Bebauung viel saftiges Grün, und dann natürlich dieser See, das grosse glitzernde Wasser. Der stille Blick schweift, ehe das Rufen und Lärmen der Kinder einen zurückholt, direkt neben der Kirche ist nämlich das weitläufige Schulareal, das der Männedorfer Volksmund «Akropolis» nennt. Die Nähe zur Schule sei ein Segen, erzählen Domenic Gabathuler und Barbara Ulsamer, die ein Paar sind und gemeinsam die Pfarrei leiten: ganz einfach kämen die Kinder über Mittag herüber, zum Essen und dann zum Unterricht.
Als Bezirk mit der ältesten Wohngemeinde im Kanton Zürich gehören auch die Besuche in den fünf Alterszentren zu ihrer Arbeit – und die Ökumene. Schnell findet das Auge die Kirchtürme der Umgebung, schön über die Landschaft verstreut, ehe der Zeigefinger an einem eher unscheinbaren Haus hängenbleibt: das «Bibelheim», dem Männedorf den Beinamen «Jerusalem am Pfannenstiel» verdankt. Auch wenn es heute einen anderen Namen trägt, die christliche Idee lebt: Menschen in verschiedenen Lebenslagen ein Zuhause zu bieten.