
Martin Guggisberg für reformiert.
Musik erfüllt den Kirchenraum. An der Leinwand das Bild eines Leuchtturmes, neben dem grossen, schlichten Kreuz. In der Mitte eine Kerze und Pflanzen, violett schimmerndes Licht, in Halbkreisen drei Stuhlreihen. «My Lighthouse» singen zwei Jungs, Schlagzeug, Piano, Gitarre und Bassgitarre begleiten. Dann tritt Samuele ans Mikrofon. Der 16-Jährige ist seit Beginn des Praise9 mit dabei. Heute moderiert er die Feier: «Dies hier ist eine kleine Oase, mal lustig, mal leise, mal tiefgründig, immer offen. Herzlich willkommen, es kommt nicht drauf an, ob du glaubst oder nicht. Schön bist du da.»
Praise9 findet einmal im Monat am Freitagabend statt. Im letzten Herbst hat das Gottesdienstformat den Oecumenica-Preis der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Schweiz bekommen. Damit würdigte die Jury die ökumenische Ausrichtung des Gottesdienstes, der vor drei Jahren von den Jugendarbeitenden des Kirchenkreises 9 der reformierten Kirchgemeinde und der katholischen Pfarrei St. Konrad gestartet wurde. Heute sind auch Jugendliche aus Freikirchen dabei – und immer wieder solche ohne kirchliche Einbindung. «Wir haben damals alle konfirmierten bzw. gefirmten Jugendlichen eingeladen», sagt der katholische Jugendarbeiter Samuel Malapati. Von Beginn an sei es wichtig gewesen, die Jungen stark einzubinden, «sicher nicht eine Show von kirchlichen Angestellten zu veranstalten», betont der reformierte Jugendarbeiter Nicolas Graf. Schnell habe sich eine Band formiert, für Dekoration, Verpflegung, Moderation und in den Planungssitzungen seien Jugendliche engagiert.
Nach dem Einstieg mit dem «Mentimeter», der Stimmung und Erwartungen der Anwesenden abfragt, folgen «Worship», also Lobpreis-Lieder, englisch, deutsch und schweizerdeutsch. «Bekenne mich zu dir, Jesus mein Ziel» – «du bist der Frieden in meinem aufgewühlten Meer.» – «Niemand kann den Weg alleine gehen, führe uns zusammen, Herr» – so singen die Jungen. Die 16-jährige Mirjam spielt Piano. «In einem Worship-Gottesdienst kann ich am ehesten mit Gott in Kontakt treten», sagt sie später beim Apéro. «Im Alltag, in der Lehre oder zuhause kommen mir die Lieder in den Sinn. Das gibt mir Kraft.» Ihr Bruder Thomas, 18, geniesst die Bandproben, wo es immer lustig sei. «Wenn wir aber vorne stehen und singen, wird mir bewusst, welche Worte das sind und warum wir das tun.» Der Gottesdienst werde gemeinsam vorbereitet, erklärt der 18-jährige Schlagzeuger Silvan. «Die Jugendarbeitenden bringen Themen, aber sie lassen uns viel Raum», ergänzt Tobias, 18.
Beim Apéro, der genauso zum Praise9 gehört wie der Gottesdienst-Teil, stehen die Jugendlichen zusammen und geniessen es, «Freunde aus der Schulzeit zu sehen, was seit der Lehre selten ist», sagt Elisa. Mitten in der Gruppe steht auch Noemie, heute zum ersten Mal dabei, aber schon voll in die Gemeinschaft aufgenommen.
Etwas abseits steht der «Deep-Talk-Tisch» bereit. Hier können die Jugendlichen Fragen zur Predigt des vorangegangenen Gottesdienstes, aber auch allgemeine oder persönliche Fragen über Gott und die Welt besprechen. Dafür stehen Seelsorgerinnen, Jugendarbeiter, Theologinnen oder Pfarrern zur Verfügung, die jeweils beim Gottesdienst mitfeiern. «Wir wechseln uns ganz bewusst ab, so dass die Jugendlichen möglichst unterschiedliche Gegenüber fürs Gespräch haben.»