Anno Domini

1680: Pietismus

Zum ersten Mal gedruckt wird das Wort 1680. Der evangelisch-lutherische Theologe Philipp Jacob Spener (1635–1705), der als Mitbegründer des Pietismus gilt, erinnert sich allerdings daran, dass «Pietismus» in der Umgangssprache bereits 1674 in Frankfurt aufgetaucht war, damals als spöttische Bezeichung für «Frömmelei».

Woher kam dieser Spott? – Weil Pietisten ein verstärktes In-sich-Gehen forderten. Ein intensives persönliches Glaubensleben, das geprägt von Gebet und Bibelstudium zu einer inneren Verwandlung führen soll. Für eine individuelle Gottesbeziehung also, die sich nicht institutionell durch Rituale und bestimmte Handlungen definiert. Für ein christliches Leben, das von Innen heraus in die Gesellschaft wirkt. Das Christentum wird vom Pietismus als schmaler, herausfordernder Weg der lebenslangen persönlichen Bildung und Umkehr dargestellt.

Damit wird der Pietismus zur ersten grossen Reformbewegung innerhalb der reformieren Kirche. Seine klassische Blütezeit hat er im 17./18. Jahrhundert, bleibt aber in vielen Spielarten bis heute wirksam. Nicht zuletzt ist der Pietismus auch eine frühe ökumenische Kraft, weil er sich für ein interkonfessionelles Christentum engagiert und weil er Laienbewegungen fördert.