Wie Recruiting in der Kirche funktioniert

Die Kirche braucht dringend neue Mitarbeitende. Mehrere kirchliche Akteure finanzieren dafür eine Fachstelle, seit 61 Jahren. Der Verein IKB, Information für kirchliche Berufe berät, bewirbt und lädt zum Gebet für den Nachwuchs ein.

Zwei Frauen im Gespräch.
Wer sich für einen kirchlichen Beruf interessiert, wünscht sich oftmals mehr Zeit für die Begegnung mit anderen Menschen.

Das kirchliche Personal ist knapp. In zehn Jahren werden 43 Prozent der pastoralen Mitarbeitenden im Bistum Chur pensioniert sein. Der Tod von Papst Franziskus hat in der Öffentlichkeit viel Sympathie für seine Menschlichkeit, seinen Einsatz für Arme und für die Schöpfung zutage gebracht. Gleichzeitig ist das Image der Katholischen Kirche sehr angeschlagen, was nicht erst durch die kürzlich erfolgte Reputationsumfrage der Zürcher Kirche bekannt ist. In dieser Institution zu arbeiten ist daher oft erklärungsbedürftig.

Trotzdem oder gerade deswegen: die Informationsstelle Kirchliche Berufe IKB macht es sich seit 61 Jahren zur Aufgabe, die vielfältigen Möglichkeiten eines Engagements in der Kirche bekannt zu machen. «Über die Kampagne chance-kirchenberufe.ch kommen immer wieder Beratungsanfragen», erklärt Alex Mrvik-Emmenegger, Leiter der Fachstelle IKB. «Letztes Jahr waren es 125 Anfragen, vor allem aus der Altersgruppe der 30 bis 40-jährigen. Oft Menschen, die in der Pflege oder in einem anderen sozialen Beruf arbeiten und sich mehr Zeit für die Begleitung der Menschen wünschen. Im letzten Jahr kamen die Anfragen mehrheitlich von Frauen – vorher waren es jeweils ungefähr gleichviele Männer wie Frauen, die sich für einen kirchlichen Beruf interessierten.» Auch jemand, der in einen Orden eintreten möchte, habe sich bei ihm gemeldet.



Im letzten Jahr kamen die Anfragen mehrheitlich von Frauen.

Die Kampagne «chance-kirchenberufe.ch» sei ein Werkzeug, um kirchliche Berufe auch ausserhalb der Pfarreien und der bereits kirchlich sozialisierten Gemeinschaften bekannt zu machen, sagt Mrvik. «Der Hauptstrang der Kampagne spielt mit bezahlten Werbe-Einschaltungen, Video-Werbungen und kurzen Spots, die vor allem über Social Media und im Internet laufen, punktuell auch mit Plakat-Werbung bei Veranstaltungen.» Da das mit Kosten verbunden ist, gibt es in der Nähe des Weltgebetstages um kirchliche Berufe immer auch schweizweit eine Kirchenkollekte, dieses Jahr am 4. Mai. «Wir bekommen ausserdem Beiträge aus der Mitfinanzierung der RKZ und der Bischofskonferenz, um unsere Arbeit zu ermöglichen», erklärt Mrvik.

Natürlich wollen die Geldgebenden Institutionen dann auch wissen, «was hängen bleibt», ob also jemand, der bei der IKB eine Beratung in Anspruch genommen hat, auch in einem kirchlichen Beruf landet. «Aus Datenschutzgründen können wir das nicht weiter verfolgen», sagt Mrvik. Er besuche aber regelmässig die Erstsemester-Studierenden in Theologie oder Religionspädagogik und finde dort immer wieder Personen, die er früher beraten habe. «Manche schreiben mir von sich aus und berichten, wenn sie die Ausbildung abgeschlossen haben oder interessante, von uns vermittelte Schnuppertage absolviert haben.» Mit einem standardisierten Feedback-Formular werde jeweils nach der Beratung abgefragt, wie zufriedenstellend diese gewesen sei und ob sie für die berufliche Weiterentwicklung geholfen habe. Der Rücklauf sei durchaus positiv, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht konkret aussagekräftig in Bezug auf kirchliche Anstellungen, sagt Mrvik.

Zum Weltgebetstag um kirchliche Berufe gibt es immer ein Schreiben des Papstes. Das diesjährige hat Papst Franziskus noch in der Gemelli-Klinik verfasst. Es ist für Mrvik daher auch eine Art Vermächtnis. Der Papst schreibt: «Die Berufung ist ein kostbares Geschenk, das Gott in die Herzen sät, ein Ruf, aus sich selbst herauszugehen, um einen Weg der Liebe und des Dienens einzuschlagen. Und jede Berufung in der Kirche – sei es als Laie oder zum geweihten Amt oder zum gottgeweihten Leben – ist ein Zeichen der Hoffnung, die Gott für die Welt und für jedes seiner Kinder hegt.»

Immer am 4. Sonntag der Osterzeit, diesmal am 11. Mai, begeht die Kirche einen «Weltgebetstag für kirchliche Berufungen». An diesem soll etwa in Gebeten und Gottesdiensten für die Berufung von Menschen in den kirchlichen Dienst gebetet werden, und Interessierte sollen Informationen erhalten. Die Kampagne wird geführt vom Verein IKB, Information für kirchliche Berufe mit Sitz in Luzern. Laut seiner Website ist der IKB eine Gründung der Ordensgemeinschaften und Deutschschweizer Bistümer, die ins Jahr 1964 zurückgeht, eine Mehrheit der Deutschschweizer Landeskirchen und andere kirchliche Institutionen unterstützen die Kampagne Chance Kirchenberufe ideell und finanziell.