Glauben heute

Beteiligung macht einen Unterschied

«Kindermund tut Wahrheit kund», sagt ein Bonmot. Darin spiegelt sich die Erfahrung, dass junge Menschen eine unverstellte Perspektive haben oder schlicht freier äussern, was sie denken. Es lohnt sich also, ihnen zuzuhören. So sieht es auch die Benediktsregel aus dem 6. Jahrhundert: Alle Mönche sollen zur Beratung zusammengerufen werden, «weil Gott oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist». Auch wer die leiseste Stimme hat und über keinerlei Macht verfügt, kann Entscheidendes zum Wohle aller beitragen. So entsteht weise ein Gegengewicht zu einzelnen Autoritäten.

Ob Äbte, Eltern oder Vorgesetzte: Dass «die Grossen» die Wahrheit nicht gepachtet haben, lehrt nicht nur die Lebenserfahrung. Auch aus spiritueller Perspektive ist es besser, gemeinsam zu beraten und – je nachdem – auch zu entscheiden. Denn der Heilige Geist wirkt in jedem Menschen.

Nimmt man das ernst, so stellen sich Fragen: Was dürfen die Kinder in der Familie mitentscheiden? Wie funktioniert eine Pfarrei, wenn nicht top-down? Und wie geht demokratische Beteiligung, jenseits von Abstimmungen?

Gemeinsam zu diskutieren, einander zuzuhören und Lösungen zu entwickeln, ist aufwendig. Aber es lohnt sich. Davon erzählt schon die Bibel: Beim Apostelkonzil (Apostelgeschichte Kapitel 15) ging es um die entscheidende Frage, ob neugetaufte Christinnen und Christen, die nicht jüdisch waren, sich an die Vorschriften der Tora halten müssen. Petrus, Paulus und weitere Apostel – allesamt Judenchristen – versammelten sich, hörten einander zu und entschieden dann einstimmig: Nichtjüdische Christinnen und Christen müssen sich nicht an die Tora halten. Der Weg war frei für das universale Christentum, von dem wir ein Teil sind.