Die Ruhe in Person

Jason Santer ist einer von sieben Zürcher Bürgern und einer von 110 Schweizern, der den Dienst als Schweizergardist versieht. Zur Halbzeit seines Einsatzes erzählt er aus seinem Leben unter der Sonne des Vatikans, im Schatten von Papst und Petersdom.

Jason Santer in der Kirche Heilig Geist in Zürich-Höngg.
Jason Santer in der Kirche Heilig Geist in Zürich-Höngg: Hier hatte Jahre zuvor sein Interesse für die Schweizergarde begonnen.

Manche meiner Freunde sagen, sie könnten das nicht machen», sagt Jason Santer und denkt an das, was wohl viele insgeheim an der Schweizergarde bewundern: Männer, die ganz ruhig stehen können. Wäre da nicht ihre bunte Uniform, wären sie nicht zum Verwechseln ähnlich mit den Statuen Berninis auf dem Petersplatz? Ruhig zu stehen, derart ruhig und das für zwei Stunden – diese Faszination steht auch für Jason Santer am Anfang.

Es war im Jahr 2009, er war in der fünften Klasse und wieder einmal als Ministrant im Einsatz. Weihbischof Paul Vollmar feierte einen Festgottesdienst in der Höngger Pfarreikirche Heilig Geist, bei dem vier ehemalige Schweizergardisten am Verstellen waren. «Verstellen», so nennt man das, wenn Ex-Gardisten in Uniform einen Ehrendienst auf Schweizer Boden versehen. «Da hat mein Interesse begonnen», erinnert sich Santer.


Der Papst braucht einen Sicherheitsdienst.

Seit Juni 2017 ist der 21-Jährige selbst Schweizergardist und hat bald 14 seiner insgesamt 26 Dienstmonate hinter sich gebracht, auf die er sich verpflichtet hat. Er stellt sich damit in eine lange Tradition: Seit 1506 schützt die Schweizergarde den Papst, seine Residenz sowie die Kardinäle während der Zeit der Papstwahl. Daneben begleiten sie den Papst auf Reisen, leisten Ordnungs- und Ehrendienste und wachen an den vier Haupteingängen zur Vatikanstadt.


Die verschiedensten Menschen, Touristen, arm und reich, das alles zu sehen, das interessiert mich sehr.

«Es ist eine sehr schöne Aufgabe, dem Papst zu dienen und mit verschiedensten Menschen in Kontakt zu treten», sagt Jason Santer. «Aber auch ein schwieriger Auftrag, vor allem, wenn es heiss ist und man mit der Uniform in der prallen Sonne stehen muss.» Der junge Mann lächelt und der Auftrag scheint ihm eine Ehre zu sein. Ruhig und klar, wie er spricht, lässt sich gut vorstellen, wie er dasteht, an einem der Eingänge zum Vatikan. Schildwache, so wird der Dienst an den Toren genannt, den Gardisten am Anfang ihres Einsatzes versehen. Santer gefällt es dort: «Die verschiedensten Menschen, Touristen, arm und reich, das alles zu sehen, das interessiert mich sehr», erzählt er.

Auch Papst Franziskus gehört zu jenen, denen ein Gardist bei seiner Arbeit regelmässig begegnet. «Er sagt mir immer Guten Morgen, auf Italienisch natürlich, er macht einen netten Eindruck», so Santer. Ob der Papst überhaupt Soldaten brauche? «Er braucht einen Sicherheitsdienst», ist Santer überzeugt. Eine sichtbar bewaffnete Armee wolle der Papst nicht. So tragen Gardisten nur das Dienstschwert und die traditionelle Hellebarde während ihrer Einsätze.

«Wir lösen das Problem in der Regel schon, bevor überhaupt eine Intervention nötig wird», meint Santer. Wie? «Prinzipiell gehen wir freundlich auf die Leute zu und sagen ihnen, wie sie sich verhalten müssen.» Zum Kommunikationstraining komme regelmässig ein Psychologe in die Kaserne. Gleichzeitig lernen Schweizergardisten den Umgang mit zeitgemässen Waffen. Während der Rekrutenschule der Garde absolvieren sie einen Monat lang ein Schusswaffentraining bei der Kantonspolizei Tessin.

Jason Santer in der Uniform eines Schweizergardisten.

Schweizergardisten setzen etwas aufs Spiel – wenngleich der Alltag meist ruhig verläuft. Jason Santer hat einen Eid geschworen. «Treu, redlich und ehrenhaft» werde er dem Papst dienen, so lautet die Formel seiner Vereidigung. «Mit ganzer Kraft» werde er sich für den Papst und seine rechtmässigen Nachfolger einsetzen, «bereit, wenn es erheischt sein sollte, für ihren Schutz selbst mein Leben hinzugeben». Er habe ja gewusst, worauf er sich einlasse, kommentiert Santer seinen Eid. Und setzt sich mit seiner Präsenz tagtäglich dafür ein, dass der Alltag im Vatikan weiterhin ruhig bleibt.

Prägend für ihn selbst sind dabei die Erfahrungen, die er in diesem Dienst machen kann: das fremde Land, eine neue Sprache und – der Glaube. «Der Glaube wird dort vertieft. Wir haben regelmässig Theorien mit unserem Kaplan, wir diskutieren über Themen, wir haben sogar eine Reise nach Israel gemacht», sagt Jason Santer und lässt seine Augen leuchten. Wird er seinen Dienst für Papst und Kirche verlängern, nach den 26 Monaten? «Nein. Aber nicht, weil es mir nicht gefällt. Ich vermisse die Schweiz», gibt er zu. Er, der gelernter Fachmann Gesundheit ist, kann sich dann einen anderen Dienst vorstellen: als Sanitäter bei der Ambulanz.

Die Schweizergarde sucht Kandidaten

Um Schweizergardist zu werden, muss ein junger Mann:

– praktizierender Katholik sein
– Schweizer Bürger sein
– einwandfrei gesund sein und einen einwandfreien Leumund haben
– eine Rekrutenschule in der Schweizer Armee abgeschlossen haben
– beim Eintritt ledig sein
– zwischen 19 und 30 Jahre alt sein
– mindestens 1,74 m gross sein

Im Herbst jedes Jahres findet eine Informationswoche bei der Päpstlichen Schweizergarde für 16- bis 18-jährige interessierte Schweizer statt. In dieser Woche kann man die Garde, den Vatikan und Rom hautnah miterleben. Infos bei Herrn Bernhard Messmer, Informations- und Rekrutierungsstelle Schweiz (IRS) unter irs@gsp.va

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